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The post-platform economy

Georg Loewen

Industry Marketing | Digital | Search | Social

Jürgen Geuter alias tante, Research Director bei ART+COM, rekapituliert die wesentlichen Bestandteile und das Potenzial des Web3, um herauszufinden, wie es um die Zukunft des Post-Plattform-Internets steht.

Tante unterzieht moderne Technologien wie Web3, KI oder Blockchain einer genauen Prüfung und bewertet, ob sie den Nutzer- und Unternehmensansprüchen genügen und sie in Zukunft relevant bleiben. Im Zuge dessen versucht er über sie aufzuklären und in Kontext zu bringen, um das Wissen jedem für eine fundierte Meinungsbildung zugänglich zu machen.

Einige seiner Ergebnisse und Ansichten hat er im Rahmen unserer Web3 Learning Journey geteilt.

Dezentralisierung: nicht die Lösung für alles

Für tante ist der Schritt von Web2 zu Web3 noch keine beschlossene Sache und sollte auch so nicht vonstattengehen. Warum?

Dafür muss man zuerst zwischen zentralisierter und dezentralisierter Technologie unterschieden:

  • Zentralisiert: Man hat einen Server, installiert Software darauf und lädt User ein. Daneben gibt es die Idee eines verteilten Systems, bei dem mehrere Server jedoch immer noch eine kontrollierende Einheit bilden.
  • Dezentralisiert: Hier kommen mit jeder Gruppe, die Entscheidungen treffen kann, mehrere verschiedene Server- und Software-Instanzen ins Spiel. Im Extremfall ist in diesem Modell jede:r auf sich allein gestellt, mit seiner oder ihrer eigenen Software; alle Systeme kommunizieren über ein definiertes Protokoll miteinander. Dies bedeutet: Man muss niemandem vertrauen, die Software unterliegt der eigenen Kontrolle und man trifft allein Entscheidungen.

Die Dezentralisierung des Internets ruft daher zu einer De-Plattformisierung der gesamten Infrastruktur auf. Aber würde das zwangsläufig dazu führen, dass der digitale Raum stärker demokratisiert wird?

Dezentralisiertes System: Plutokratie reicht aus

Tantes Meinung nach sind Dezentralisierung und Demokratisierung nur bedingt miteinander verbunden. Um ein dezentralisiertes System aufzubauen, braucht es keine Demokratisierung des Umfelds – eine Plutokratie reiche dafür bereits aus. Außerdem sind zentralisierte Systeme per Definition nicht unbedingt undemokratisch.

Dabei geht es um die Verteilung der Entscheidungsgewalt: Auf einem Server, der privat gehostet wird, trifft der:die Besitzer:in die Entscheidungen. Sobald der Server einem Kollektiv gehört und über definierte Entscheidungsprozesse verfügt, wird dieses System als demokratisch kategorisiert, obwohl es zentralisiert ist.

Die Idee, dass nicht eine einzige Einheit alles kontrolliert, hört sich in der Theorie zwar sehr demokratisch an, jedoch haben wir im Rahmen einer Demokratie die Möglichkeit, gewisse Prinzipien und Regeln durchzusetzen – beispielsweise, dass eine Person nur eine Wahlstimme hat. Das ist im Zuge der Dezentralisierung nicht mehr möglich.

Darüber hinaus weisen auch zentralisierte Systeme gewisse Vorteile auf, wenn es um Vertrauen geht. Man kennt jeden, der sich im gleichen Umfeld mit den gleichen Regeln und Prinzipien befindet – die Grundlage für gut funktionierende Kommunikation.

Wie lässt sich also über zentralisierte Technologie Vertrauen aufbauen?

Einige Plattformen wie Signal setzen für diesen Zweck auf Verschlüsselungstechniken. Doch gehen Verschlüsselung – und Dezentralisierung – das Thema Vertrauen sehr technisch an und versuchen dieses soziale und psychologische Konstrukt, das auf geteilten Werten und Geschichten basiert, auf mathematischer und Protokollebene zu lösen.

Für eine Alternative zum Dezentralisierungstraum führt tante Ben Tarnoffs Buch „Internet for the People“ an: Sicherlich können große zentralisierte Systeme problematisch sein, insbesondere wenn sie Unternehmen gehören, deren Ziele in der Regel von jenen der Nutzer:innen abweichen.

Eine Regierung, die einen globalen Service verwaltet, ist auch keine Option, da sich Länder in ihren moralischen Vorstellungen und rechtlichen Vorschriften unterscheiden.

Tarnoff plädiert an dieser Stelle für kleinere Plattformen, die über Protokolle miteinander verbunden sind und sie so Zugang zu einem Dienst haben, der beispielsweise von einer Stadt gepflegt wird. Der Vorteil: Unter den Plattform-Usern würde bereits ein Vertrauensverhältnis bestehen – und darum geht es doch, oder?


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